Dirigent Josef K.

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Interview mit Josef Kirchhofer vom 15. Mai 2025

Von Jürgen Erhard; technische und redaktionelle Umsetzung Alexander Völkl
Jürgen: Grüß dich, Josef. Schön, dass wir heute da sein dürfen. Und danke, dass du uns ein paar Fragen beantwortest zu deiner Tätigkeit als Chorleiter und deinem musikalischen Leben im Allgemeinen. 

Josef: Gerne.  

Jürgen: Wenn man hier durch den Hausgang kommt und hier in diesen netten Wintergarten geht, dann springt man schon über das erste Musikinstrument. Also ein musikalisches Leben, ganz offensichtlich. Und darum auch die erste Frage, wie bist du eigentlich zur Musik gekommen?  
Josef: Ja, ganz klassisch. In der ersten Klasse begann ich in meiner Heimatgemeinde Burggen mit der Blöckflöte bei Herrn Thoma, einem jungen begeisterungsfähigen Lehrer, der aus dem tiefen Oberbayern stammte. Das war ein sehr netter Lehrer und dieser hat mich bereits in jungen Jahren für die Musikbegeistert.

Mit dem Akkordeon begann ich im Alter von 10 Jahren, für heutige Verhältnisse ziemlich spät. Das Nette dabei war, dass ich zunächst zusammen mit meiner Mutter bei Wilhelm Keller in Schwabsoien anfragte, ob er mir Akkordeonunterricht erteilen könnte. Genau dieser Wilhelm Keller war Kirchenmusiker und Chorleiter des Männerchoresin Schwabsoien und war als sehr guter Musiker im ganzen Umland bekannt. Er war nebenbei bemerkt, später mein unmittelbarer Vorgänger in der Chorleitung des Männerchores der Singgemeinschaft Schwabsoien. Wilhelm Keller hat sich sehr gefreut und geehrt gefühlt, aber meinte, dass er das nicht unterrichten kann.Da bräuchte ich einen richtigen Lehrer. So kam ich schließlich zur Musiklehrerin Frau Gertrud Kastner in Schongau, die Akkordeon und Klavierunterrichtete. Zunächst erhielt ich dort ausschließlich Akkordeonunterricht.
Jürgen: Aber wie ich weiß, ist es ein bisschen weitergegangen. Die Füße kamen auch noch zum Musizieren.  

Josef: Genau, zum Orgelspielen. Wir hatten in Burggen einen schon betagteren Organisten. Unser damaliger Pfarrer sah, dass dringend Nachwuchs für den Orgeldienst notwendig war. Das musikalische „Personal“ in Burggen war damals sehr übersichtlich. So fiel die Wahl auf mich, den Elfjährigen Josef Kirchhofer. So erhielt ich ab 1970 deshalb als Einstieg zur Orgel noch zusätzlich Klavierunterricht, natürlich auch bei Gertrud Kastner. Damals habe ich an der Orgel zuerst nur mit den Händen gespielt, also manualiter, weil meine Füße für das Pedalspiel noch zu kurz waren. Als schließlich einige Jahre später unser Organist August Aquila starb, sah ich es als meine Pflicht an, ihm als Organist nachzufolgen. In diesen Jahren habe ich mich als Autodidakten an der Orgel selbst weitergebildet. Regelmäßig als Organist tätig war ich seit 1975, also mit 16 Jahren. Später konnte ich dann noch die C-Kirchenmusikerausbildung in Augsburg absolvieren.
Jürgen: Das war für einen Organisten ein wahrlich junges Alter. 

Josef: Es war sehr früh abzusehen, dass die Musik für mich ein bestimmender Teil des Lebens ist. Meine erste Erinnerung als Dirigent beginnt mit dem Kinderchor, vor über 30 Jahren.  

Jürgen: Ich weiß, in den frühen Neunzigern, als ich noch ein Knabe war, da warst du mein Dirigent vom Kinderchor. 

Josef: Ja, genau. Ein paar Jahre vorher habe ich ja nach Schwabsoien geheiratet und bin schließlich nach Abschluss meines Studiums der Landwirtschaft 1988 zum zweiten Tenor der Singgemeinschaft gestoßen. Für das Konzert im Jahr 1990 bat mich Wilhelm Keller den Kinderchor zu leiten, weil er meinte, ich sei dafür genau der Richtige. Ich habe dann in vier Konzerten, von 1990 bis 1999, den Kinderchor dirigiert. Wilhelm Kellerwar fast 50 Jahre Chorleiter, als aus gesundheitlichen Gründen ein Nachfolgerfür die Leitung des Männerchores gesucht werden musste. Der damalige Chorvorstand Ekkehard Starker bat mich zur Übernahme des Dirigentenstabes. Sofand das erste Konzert unter meiner Leitung 2002 statt. Die Leitung des Kinderchores haben dann abwechselnd unsere Töchter und Söhne übernommen.  

Jürgen: Das ist ja auch was Schönes, und eine perfekte Überleitung, weil natürlich die gesamte Familie Kirchhofer sehr musikalisch ist.
Josef: Ja, alle unsere fünf Kinder sind musikalisch und bis heute der Musik treu geblieben. Das freut mich und meine Frau Rosemarie sehr. Johannes leitet jetzt den Männerchor, Josef Dominikus und Mathias leiten den jungen gemischten Chor und den Kinderchor.  

Jürgen: Und das ist bestimmt auch was, was Dich stolz macht.
Josef: Ja, alle unsere fünf Kinder sind musikalisch und bis heute der Musik treu geblieben. Das freut mich und meine Frau Rosemarie sehr. Johannes leitet jetzt den Männerchor, Josef Dominikus und Mathias leiten den jungen gemischten Chor und den Kinderchor.  

Jürgen: Und das ist bestimmt auch was, was Dich stolz macht.

Josef: Ja, stolz ist immer so ein schwieriger Begriff, aber es ist schön und es macht einen sehr glücklich, wenn man sieht, wie die eigene Saat im positiven Sinne aufgegangen ist. Wenn wir dann wieder einmal eine Familienfeier haben, dann wird musiziert und vor allem viel gesungen.

Jürgen: Das ist ein guter Punkt für die Frage, ob Du mal Interesse hattest einen anderen Klangkörper zu dirigieren, also Streicher oder Bläser.

Josef: Nein, das konnte und wollte ich nicht. Ich habe immer in Vollzeit als Landwirtschaftsberater und –lehrer gearbeitet. Auch haben wir fünf Kinder großgezogen. Und aufgrund der Instrumente, die ich erlernen durfte, war es eigentlich eher naheliegend, dass ich als Kirchenmusiker tätig bin oder eben dann Ensembles leite, die mit Gesang was zu tun haben. Darüber hinaus singt auch meine Frau sehr gerne.
Jürgen: Stimmt, genau. Auch das ist ja auch ein Teil der Geschichte der Singgemeinschaft, dass die Rosmarie viele Jahre in den Konzerten als Solistin mitgesungen hat.

Josef: Sie war in jedem Konzert dabei, bis auf das letzte. In vielen Konzerten war Rosemarie in kleinen Stücken aus Oper, Operette oder Musical meine Duett-Partnerin. Überhaupt ist die menschliche Stimme ein herrliches Instrument. Die Harmonien, die beim gemeinsamen Singen entstehen, sind schon was Erhebendes. Das ist es, was mir eigentlich mein Leben lang immer wichtig war. Auch wollte ich immer dazu beitragen, dass im Dorf der Gesang weiter gepflegt wird. Deswegen bin ich auch heute noch der Chorleiter des Kirchenchores in Burggen. Aus dieser Überzeugung heraus hatte ich nie das Bedürfnis, mich in Ensembles einer größeren Gemeinde oder einer Stadt zu engagieren.Ich habe meine musikalische Rolle als Chorleiter auf dem Lande gesehen, der seine Arbeit macht und zur musikalischen Weiterentwicklung beiträgt. Das hat mich selber immer sehr erfüllt und mein Leben bereichert.

Jürgen: Absolut! Die Singgemeinschaft Schwabsoien ist schon über 70 Jahre alt. Aber Coronazeiten waren harte Phasen für viele andere Männerchöre.

Josef: Es hat so mancher Chor, soweit ich gehört habe, das Singen eingestellt. Die Singgemeinschaft hat das gut überstanden. Das liegt vielleicht an der Kontinuität unseres Vereins. Unser Sohn Johannes ist jetzt der dritte Dirigent und Chorleiter in 70 Jahren. Und der fängt gerade erst an. Er war aufgrund seiner Ausbildung zum Internisten fast 20 Jahre weg, wohnt aber seit zwei Jahren mit seiner Familie wieder in Schwabsoien.

Jürgen: Ist es dir leicht gefallen, das Dirigat abzugeben?
Josef: Ja, eigentlich sehr leicht..Ich glaube, es wäre anders gewesen, wenn ich aufgehört hätte und der Chor keinen Dirigenten gehabt hätte. Andere Chöre suchen händeringend Chorleiter, wenn man so die Chorzeitschrift anschaut. Wenn dazu noch der eigene Sohn die Chorleitung übernimmt freut einen das sehr und in so einem Fall kann man leichter loslassen. Jetzt  singe ich wieder aktiv im 2.ten Tenor, in dem ich vor 37 Jahren angefangen habe.Der Rollenwechsel im Dirigat nach 23 Jahren war natürlich nicht ganz einfach ist. Es ist nie leicht, wenn man übergibt, was einem sehr wichtig ist. Aber es war sicherlich der richtige Zeitpunkt.Ich werde Johannes, der beruflich und familiär sehr eingespannt ist, in der Probenarbeit und, wenn sonst Not am Mann ist, immer gerne unterstützen.  

Jürgen: Was ist Deine Lieblingsliteratur für den Chor?  

Josef: Also, was den Männerchor anbelangt ist es die romantische Chorliteratur, welche mir sehr am Herzen liegt.Allerdings ist das für einen Laienchor wie dem unsrigen eine große Herausforderung. Das sängerische Können ist da sehr unterschiedlich, weil wir ein ganz normaler Dorfchor sind. Man sollte den Chor weder über- noch unterfordern. Zu langweilige Stücke wären nichts und bei sehr moderner Chorliteratur mit vielen Dissonanzen wird es im Laienchor schwierig. Aber die Romantik selber, die hat es mir schon angetragen. Ist ja auch eine schöne Literatur.

Jürgen: Eine Frage haben wir noch mal. Der Männerchor ist jetzt über 70 Jahre alt und 30 Jahre davon hast du dazu beigetragen.Im Rückblick: Wie hat sich der Chor verändert, von der Zusammensetzung oder von der Stimmung her?  

Josef: Der Chor hat sich in meiner Zeit als Chorleiter wenig verändert. 1954 wurde der Männerchor der Singgemeinschaft gegründet. Die Männer damals waren alle so zwischen 16 und 25 Jahre alt. Selbst Wilhelm Keller als Chorleiter und Chef war erst 19 Jahre alt. Dieser Stamm an Sängernblieb fast 50 Jahre lang der gleiche. Ein wesentlicher Umbruch kommt jetzt mit Johannes, dem neuen Chorleiter.Man sieht, dass ein junger Chorleiter leichter neue, jüngere Sänger anspricht  und er selber natürlich auch aufgrund seines Alters wieder andere Chorliteratur singen wird.

Jürgen:Dann würde ich sagen, vielen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast, danke für den Kaffee.